„Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“ heisst es bei Hermann Hesse. In der Benediktiner-Universität S. Anselmo kam es im September 2013 zu einer Premiere der besonderen Art: 35 Äbtissinnen und Äbte, Priorinnen und Priore, Cellerare und andere benediktinische Nonnen und Mönche von allen Kontinenten und aus mehr als 20 Ländern waren auf dem Aventin in Rom zusammengekommen, um in Zusammenarbeit mit der HSG Universität St. Gallen in einem zweiwöchigen Kurs sich über Fragen der Führung von Klöstern auseinander zu setzen. Dieser Kurs entstand auf Initiative der Foundation Benedict (Luzern). Die Grundlagen für diese Initiative wurden durch den früheren Abt des Klosters Einsiedeln, Georg Holzherr, den Abtprimas Notker Wolf, Pater Markus Muff und Alois Jurt gelegt.
Unter Gesamtleitung von Pater Luigi Gioia von der Universität S. Anselmo und Günter Müller-Stewens von der HSG wurden fünf Module – zu Themen wie Leadership, Organisationen verstehen und gestalten oder Projektmanagement – durchgeführt. Jedes Modul wurde durch einen Vertreter der Benediktiner und einen Vertreter der HSG Universität St. Gallen geleitet. Seitens der Benediktiner waren dies Schwester Gisela Happ, Schwester Ulrike Soegtrop, Schwester St. Mary-John Mananzan, Pater Ansgar Stüfe und Stefan Bernhard. Seitens der HSG waren dies Thomas Eberle, Wolfgang Jenewein und Erwin Hettich. So sollte das säkulare Wissen der Managementwissenschaften mit der Regel des heiligen Benedikt und der sozia-len Doktrin der Kirche zusammen gebracht werden.
Folgendes Bibelzitat bringt die Intention des Kurses auf den Punkt: „Each tree is known by its own fruit“ (Luke 6, 44). Pater Luigi formulierte die Zielsetzung wie folgt: “We have to reflect on our behaviours, practices, on the way we conceptualize our identity and on what we want to achieve. We have to seek ways of improving the particular way of functioning of Benedictine monasteries.” Während es ja viele Beiträge von Benediktinern gibt, wie man die Regel des heiligen Benedikt für ein modernes Management nutzen könnte, so sollte dieser Kurs in die andere Richtung weisen: Wie kann modernes Managementwissen zur Führung von Klös-tern beitragen? Im Zentrum der Didaktik des Kurses stand die direkte Anwendung der prä-sentierten Inhalte auf den monastischen Kontext der Teilnehmer. Dazu wurde eine Vielzahl von Workshops in immer wieder neu formierten Arbeitsgruppen durchgeführt.
Das Vorhaben wurde beidseitig als Experiment betrachtet, denn man kann sich fragen, ob eine theologische Fakultät der richtige Ort für eine solche Veranstaltung ist und ob eine solche Ko-operation mit einer Business School überhaupt zielführend sein kann. Die Herausforderung beginnt bereits beim auf beiden Seiten verwendeten Vokabular und reicht bis zum Umgang mit der Zweckfreiheit in der spirituellen Dimension eines monastischen Daseins im Verhältnis zu den wirtschaftlichen Aktivitäten eines Klosters. Anfänglich war auch unklar, ob seitens der Klöster überhaupt Interesse an einem solchen Kurs besteht; doch schon bald stellte sich her-aus, dass es weit mehr Anmeldungen gab, als der Kurs Teilnehmer aufnehmen konnte.
Die Feedbacks zum Kurs zeigen, dass das Zusammenwirken in der Gemeinschaft, der dort stattfindende Erfahrungsaustausch sowie die im Kurs erlernten und angewandten Inhalte sehr starken Einfluss auf alle Beteiligten hatten. So haben sie auch Mut und Inspiration für die Fortsetzung ihrer Arbeit zurück in ihren Klöstern mitgenommen. Es ergab sich der klare Wunsch, einen solchen Kurs zu wiederholen. Das Experiment war gelungen. Und auch die Referenten der Universität St. Gallen haben nicht nur neues Wissen über das Funktionieren von Klöstern aus diesem Pro bono-Projekt mit nach Hause nehmen können, sondern auch bewegende persönliche Momente aus der Arbeit in dieser christlich geprägten Gemeinschaft.
Bildimpressionen